Die Zugangssituation zum neuen Stadtquartier ist eine Nahtstelle die von unterschiedlichen Baustrukturen geprägt ist. Die neuen, großräumig angelegten polygonalen Blockfiguren treffen an der Paul-Gerhard-Allee auf eine offene Bebauung die aus einer Vielzahl kleinerer Stadt-Fragmente besteht. Das Baufeld WA1 wird durch ein kompakte Gebäudefigur besetzt, die volumetrisch zwischen den großen Hoffiguren und den solitären Bauten (SO, TU-Prüfinstitut, Schulbauten) vermittelt. Es wird einerseits eine Adressierung und Fassung des gegenüberliegenden Stadtplatzes geschaffen und gleichzeitig eine räumliche Geste zum neungeschossigen Eckhochhaus des W2.1 ausbildet. Der begrünte Patio bildet einen identitätsstiftenden Ort mit attraktiven Hauszugängen für die Bewohner und dem Nachbarschaftstreff. Die wandartige, mit Fenstern durchsetzte Fassung bietet Schutz vor der stark befahrenen Straße, bindet den Raum ans Haus und vermeidet eine Konkurrenz mit dem gegenüberliegenden Platz. Zusammen mit der gefassten Freifspielfläche der Kita wird eine zum Gebäude komplementäre Figur formuliert und der Bau in der Situation verankert.
Das Gemeinschaftliche ist ein Leitmotiv das sich auf den unterschiedlichen Ebenen des Entwurfs manifestiert und die verschiedenen Programmbestandteile miteinander verschränkt. Es fördert die Aneignung und den Austausch. Das wesentliche Gestaltungselement ist dabei die Erschließung. An Stelle einer konventionellen treppenhausweisen Erschließung von der Straße treten räumliche Erschließungssequenzen, die dem Gebäude einen starken Kern verleihen und das Wohnen, den Nachbarschaftstreff und den Kindergarten miteinander in Beziehung setzen.
Die Wohnungen sind um zwei großzügige, gemeinschaftliche Atrien organisiert, die es ermöglichen die Grundrisse kompakt und ökonomisch zu organisieren und gleichzeitig einen räumlichen Mehrwert für die Bewohner generieren.
Die Wohnungsgrundrisse bieten Raum für unterschiedlichste Wohnformen und Lebensmodelle. Flure werden vermieden, indem Verkehrsflächen fließend in das Gesamtraumerlebnis der Wohnungen einbezogen sind. Alle Wohnungstypen basieren auf einer ähnlichen Grundtypologie: Ein fließender Wohnraum ist das Herzstück. Daran angegliedert sind die „Raumkapseln“ der Zimmer und Nassräume. Die Küchen und Eingangsbereiche sind zum Atrium hin angeordnet und werden über diese Seite zusätzlich belichtet.
Der Kindergarten ist von der U-1721 im Norden erschlossen und durch das Gebäude zum Garten hin durchgesteckt. Die Nutzung ist eingeschossig organisiert, wodurch alle Gruppenräume über einen direkten Zugang zur Freispielfläche verfügen.
Der Nachbarschaftstreff befindet sich an der Südostecke des Gebäudes und wird über den Patio erschlossen.
Die Wahrnehmung der versetzten Volumetrie ändert sich durch die Bewegung im Stadtraum ständig. Es wird eine eindeutige Vorder- und Rückansicht vermieden. Entsprechend der kontinuierlichen Abwicklung der Wohnungen im Innern sind die Fassaden rundumlaufend gleich. Und dennoch ist die Wahrnehmung jeder Fassade durch leichte Variationen der Loggien, Balkone und Stützenraster vielfältig. Die Fassade ist horizontal gegliedert und zeichnet die Form des Gebäudes nach. Zwischen den umlaufenden Bändern aus Beton spannen sich die Fenster und die Fassadenteile aus einem hellen Klinker.
2. Preis - Realisierungswettbewerb Paul-Gerhardt-Allee Baufeld WA1 in München - mit Mark Ammann
Anne Hangebruch Architektin
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